Keine Frage des Charakters – Adipositas ist eine Krankheit

Mai 21st, 2010 by

Die Mehrzahl der Deutschen hält Dicke für undiszipliniert, maßlos und selbst Schuld an ihren zusätzlichen Pfunden. Zu diesem Ergebnis kommt eine repräsentative forsa-Umfrage (1), die die Adipositas Stiftung Deutschland am Donnerstag in Berlin diskutiert hat.
Unter dem Motto „Keine Frage des Charakters – Adipositas ist eine Krankheit“ hatte die Stiftung zu einem Media-Roundtable geladen, um die Vorurteile gegenüber übergewichtigen und adipösen Menschen in der Gesellschaft zu korrigieren und mit Experten sowie Betroffenen konkrete Hilfestellungen zu diskutieren. „Adipositas ist eine Krankheit und darf von der Gesellschaft nicht länger als rein ästhetisches Problem abgetan werden“, forderte auch Ernährungsmediziner Professor Dr. Stephan Jacob, zweiter Vorsitzender der Adipositas Stiftung Deutschland sowie Diabetologe und Endokrinologe.

Gutes Fett, schlechtes Fett

Mittlerweile gilt jeder zweite Deutsche als zu dick, jeder fünfte als extrem übergewichtig. Die Zahl der Übergewichtigen hat sich in den vergangenen zwanzig Jahren verdreifacht. Eine mehr als alarmierende Nachricht, da die gesundheitlichen Folgen von extremem Übergewicht – auch Adipositas genannt – schwerwiegend sind. Denn schon bei einem Body-Mass-Index (BMI) von 30 besteht ein erhöhtes Krebsrisiko. Krebsarten wie Brust-, Uterus-, Darm- oder Speiseröhrenkrebs etwa sind zu 15 bis 45 Prozent direkt dem starken Übergewicht zuzuschreiben. Auch sind Adipöse dreißigmal so stark gefährdet, an Diabetes zu erkranken, wie Normalgewichtige. Besonders gefährlich ist dabei das viszerale Fett. Anders als das subkutane Fettgewebe, das direkt unter der Haut liegt und als Energiereserve dient, versteckt sich das viszerale Fett im Bauchraum. Professor Dr. Stephan Jacob: „Das viszerale Fett produziert zahlreiche entzündungsfördernde Substanzen und andere Signalstoffe, die hauptverantwortlich sind für eine Vielzahl von schweren Folgeerkrankungen wie Herzinfarkte und Schlaganfälle.“

Fünf bis zehn Prozent für mehr Gesundheit

Den meisten Übergewichtigen kann durch gezielte Aufklärung und Unterstützung geholfen werden. Das unterstrich auch Oliver Welchering auf dem Media-Roundtable. Der 37-Jährige war selbst adipös und hat mithilfe einer Magenbypass-Operation 80 Kilo abgenommen. „Adipositas ist eine komplexe Krankheit und es ist schwer, wirkliche Hilfe zu bekommen. Verständnis und Empathie sind eine bessere Motivation beim Abnehmen als Diskriminierung“, so Welchering. Nur wenige wissen, dass bei Übergewicht bereits die Reduktion von fünf bis zehn Prozent des eigenen Körpergewichts die Gesundheit deutlich verbessern kann. Die Berliner Apothekerin Johanna Jäger ergänzte hierzu: „Neben ausgewogener Ernährung und mehr Bewegung können auch Arzneimittel, die zum Beispiel den Wirkstoff Orlistat enthalten, Unterstützung bei einer gesunden und nachhaltigen Gewichtsreduktion bieten.“ Hierzu sollten sich Abnehmwillige stets individuell von ihrem Arzt oder Apotheker beraten lassen.
Nicht zuletzt ist Adipositas auch ein gesundheitsökonomischer Faktor. Die langwierigen und dadurch kostspieligen Behandlungen von Folgeerkrankungen können in vielen Fällen durch Aufklärung und Prävention vermieden werden.

Erster Europäischer Tag zur Bekämpfung der Adipositas

Anlass für den Roundtable war der erste Europäische Tag zur Bekämpfung der Adipositas am 22. Mai. Dieser von nun an jährlich stattfindende Aktionstag ist eine Initiative des Europaparlament-Mitglieds Magor Imre Csibi, des britischen National Obesity Forum und des BOLD (Belgischer Verband für fettleibige Patienten). Ziel ist es, auf die Bedürfnisse von Übergewichtigen und Adipösen aufmerksam zu machen und die Wahrnehmung von Adipositas als Krankheit in der Gesellschaft zu etablieren. Auch sollen Übergewichtige bei der Änderung ihres Lebensstils mehr unterstützt und ihre Interessen bei politischen und gesetzlichen Entscheidungen stärker berücksichtigt werden. Weitere Informationen zur Initiative gibt es unter www.adipositas-stiftung.org sowie www.obesityday.eu. Letztere bietet ebenfalls die Möglichkeit, durch Teilnahme an einer Petition selbst aktiv zu werden.

(1) Umfrage unter 1.006 Bundesbürgern ab 18 Jahren, forsa 2010

Experten und Betroffene fordern mehr Unterstützung für Adipöse

Mai 21st, 2010 by

Die Statements der Teilnehmer am Media-Roundtable anlässlich des ersten Europäischen Tags zur Bekämpfung der Adipositas

Prof. Dr. Stephan Jacob: „Übergewicht ist eine Krankheit“

Der zweite Vorsitzende der Adipositas Stiftung Deutschland, Professor Dr. Stephan Jacob, ist niedergelassener Facharzt für Diabetologie/Endokrinologie und Lehrbeauftragter an der Universität Tübingen. Als besonders gefährlich schätzt er das viszerale, also versteckte Körperfett ein, das risikoreiche Substanzen produzieren kann. Diese Stoffe sind hauptverantwortlich für das Entstehen von Folgeerkrankungen wie Bluthochdruck oder Typ 2-Diabetes, da sie direkt in den Blutkreislauf gelangen. Professor Jacob ist überzeugt, dass Adipositas als Krankheit von der Gesellschaft nicht länger als rein ästhetisches Problem abgetan werden darf. Im Vordergrund stehen vor allem gesunde Ernährung und viel Bewegung. Bei vielen Patienten sieht er auch die medikamentöse Unterstützung als Chance im Kampf gegen das viszerale Fett. Zusammen mit Änderungen des Lebensstils kann die Gabe von Orlistat zu den Mahlzeiten die Fettaufnahme in den Körper reduzieren und so das Abnehmen unterstützen. Hierfür sei es jedoch stets wichtig, dass sich Abnehmwillige individuell von Arzt, Ernährungsberater oder Apotheker beraten lassen.

Johanna Jäger: „Es muss viel mehr Aufklärung geben“

In die Berliner Plus-Apotheke von Johanna Jäger kommen Adipositas-Kranke meist nicht, um aktiv etwas gegen ihr Übergewicht zu tun. Oft kommen sie aus anderen Gründen, etwa um Kopfschmerztabletten zu kaufen. Öffentlich zugeben, dass sie ein Problem haben, das trauten sich die wenigsten. Doch die Apothekerin weiß, dass sie ihre Kunden zum Beispiel mit einer Frage zu ihrem Essverhalten erreichen kann. Viele Betroffene glaubten selbst, sich normal zu ernähren – und schließlich stelle sich heraus, dass sie jeden Abend Sahnetorte essen. Ist die Selbsterkenntnis erreicht, erarbeitet Jäger mit ihren Kunden die weiteren Schritte und empfiehlt auf ihre Bedürfnisse abgestimmte medizinische Präparate. Die eigentlichen Gründe für das gestörte Essverhalten lägen jedoch oft tiefer. Bei vielen Übergewichtigen sei das Essen zum Frustessen geworden. So etwa bei Jugendlichen, die keine Ausbildungsstelle bekommen. Die Apothekerin bedauert, dass Adipositas noch immer nicht als Krankheit wahrgenommen werde.
Statt zu Ursachen und Lösungsmöglichkeiten aufzuklären, empörten sich die Deutschen nur darüber, wie dick die Leute seien.


Oliver Welchering: „Adipöse bekommen zu wenig Unterstützung“

Arthrose in den Kniegelenken, beginnende Typ 2-Diabetes, Depressionen und Zukunftsängste: Als Oliver Welchering im Jahr 2000 seinen Job verliert, fühlt er sich als Außenseiter der Gesellschaft. Knapp 200 Kilo bringt er zu diesem Zeitpunkt auf die Waage und lässt nichts unversucht: diverse Fastenkuren, psychosomatische Therapien, regelmäßiger Besuch von Sucht-Selbsthilfegruppen. Er entschließt sich zu einer Magenbypass-Operation, kämpft monatelang um die Übernahme der Kosten durch seine Krankenkasse. Erst im dritten Anlauf bekommt er schließlich die Zusage. Heute wiegt der 37-Jährige 80 Kilo weniger, ist gesund, wieder berufstätig und fühlt sich endlich wieder als vollwertiges Mitglied der Gesellschaft. Es sei für ihn schwer gewesen, wirkliche Hilfe zu bekommen. Deshalb ist er der Meinung, dass Adipositas als Krankheit in ihrer Komplexität wahrgenommen werden müsse. Nur mit einer breiten Aufklärung und der Unterstützung durch Experten könne sie wirklich bekämpft werden.

„Gesunde“ Fettzellen – „gesunder“ Körper: Fettzelle als zentrale Kontrollstation

Mai 4th, 2010 by

Adipositas – die medizinische Bezeichnung für einen Zustand der exzessiven Fetteinlagerungen im Fettgewebe, aber auch in anderen Organen wie Leber, Muskel, Herz usw. – korreliert sehr stark mit einer metabolischen Disregulation, welche eine Hauptursache für Morbidität und Mortalität in den meisten Ländern darstellt.

Insbesondere sind Insulinresistenz, Diabetes mellitus Typ 2 und kardiometabolische Erkrankungen zu erwähnen. Das klinische Bild für Adipositas erhielt einen neuen Namen, der auch den Stand der Wissenschaft widerspiegelt: das Metabolische Syndrom, die Kombination von einem „Zuviel“ von abdominalem Fett („Bauchfett“), Blutzucker, Blutfetten und Blutdruck, und einem „Zuwenig“ vom guten Lipoprotein HDL. Bei dieser Definition wurde nicht der „Body-Mass-Index“ (BMI, der sich aus Gewicht und Größe errechnen lässt), sondern der „Bauchumfang“ einbezogen. Dieses Charakteristikum reflektiert die während der letzten wenigen Jahren gewonnene Erkenntnis, dass das abdominale Fettgewebe offensichtlich nicht nur für die Einlagerung von Fetten (Triglyceriden) verantwortlich ist, sondern auch metabolische und inflammatorische Prozesse reguliert, die weit über das Organ des Fettgewebes hinaus gehen und Effekte auf das kardiovaskuläre System, die Insulinsensitivität und die Insulinsekretion zeigen, und auch den Inflammationsstatus des gesamten Organismus mitbestimmen kann.

Diese Befunde führten zu einem Paradigma-Wechsel in der Forschung. Obwohl nach wie vor im Kontext von Adipositas die Untersuchungen an Organen wie Herz, Muskel, Leber und Pankreas von außerordentlicher Bedeutung sind, kristallisierte sich eindeutig heraus, dass das Fettgewebe und die darin enthaltenen Fettzellen (die Adipozyten) in den verschiedenen Organ-Kommunikationsprozessen von zentraler Bedeutung sind. Das Fettgewebe nimmt eine Schlüsselstellung ein und beeinflusst viele metabolische Prozesse in anderen Organen. Diese Eigenschaft trifft für die Fettzellen im Abdomen zu, aber nicht für das Unterhautfett. Sehr plakativ ausgedrückt, könnte man formulieren: „gesunde Fettzellen – gesunder Körper“, bzw. „kranke Fettzellen – kranker Körper“. „Gesunde“ Fettzellen (die von „normaler“ Anzahl und „normaler“ Größe im Fettgewebe vorhanden sind) produzieren eine Reihe von schützenden Faktoren, so dass die Anzahl und Größe der Adipozyten „normal“ bleibt. Metabolische Prozesse in Muskel, Leber und Pankreas können im Gleichgewicht bleiben, und verschiedene Systeme, die das kardiovaskuläre System kontrollieren, können optimal funktionieren.

Hierzu einige Beispiele: So genannte Adipokine (kleine Proteine, die von Adipozyten hergestellt und ausgeschüttet werden), wie Adiponektin und Apelin kontrollieren positiv die Insulinsensitivität im Muskel, kardiovaskuläre Prozesse und halten auch die Expansion des Fettgewebes unter Kontrolle. Das Adipokin Visfatin reguliert die Insulinsekretion, und Faktoren wie PAI-1 (plasminogen activator inhibitor type 1) und Angiotensinogen wirken der Atherogenese entgegen, während Adiponektin inflammatorische Prozesse unterdrückt. Dieses Gleichgewicht der verschiedenen Faktoren der Adipozyten wird bei Adipositas empfindlich gestört. Zwei Ereignisse spielen eine zentrale Rolle. Exzessive Nahrungszufuhr, bzw. „ungesunde“ Nahrung (z.B. fettreiche, zuckerreiche Nahrung, wenig Ballaststoffe, usw.) führen schließlich zu einem Anwachsen der Adipozyten. Es wird viel Fett in den Adipozyten eingelagert, und die Zellen werden sehr groß (hypertroph). Gleichzeitig kann auch eine Expansion (Vermehrung) der Adipozyten stattfinden. Sozusagen in einem Teufelskreis der Ereignisse verändern sich die Eigenschaften der Adipozyten.

Während die kleinen, „gesunden“ Adipozyten schützende Faktoren produzieren, wird die Produktion dieser Faktoren in hypertrophen Adipozyten stark vermindert. Es wird weniger Adiponektin produziert, mit der Konsequenz, dass die Insulinsensitivität vermindert wird, und auch die Hemmung bezüglich Expansion der Adipozyten und bezüglich der Inflammation geht verloren. Auch steigern die Adipozyten die Produktion von pro-inflammatorischen Adipokinen, wie TNF-α und Interleukin-6, aber auch inflammatorische Lipide, wie Prostaglandine, werden erhöht produziert. Die letzteren Veränderungen begünstigen die Einwanderung von Immunzellen, wie inflammatorische Makrophagen und T-Zellen, in das Fettgewebe. In einem pathologischen Wechselspiel schaukelt sich die Situation weiter hoch und der generelle inflammatorische Zustand des gesamten Körpers erhöht sich und beeinflusst viele Prozesse außerhalb des Fettgewebes.

Aus wissenschaftlicher Sicht heißt dies, dass die Untersuchungen an den Adipozyten an Bedeutung gewonnen haben. Die Regulation der Expansion (Proliferation) und der metabolischen und endokrinen Funktionen (Fetteinlagerung, Adipokin-Produktion) der Adipozyten scheint ihrerseits mehrere Organsysteme zu beeinflussen. Hierbei sind natürlich Ernährung und körperliche Aktivität von zentraler Bedeutung, aber es müssen ebenfalls die Regulationsprozesse über neuronale und hormonelle Systeme in Betracht gezogen werden. Es ist zu hoffen, dass die Forschung zu neuen Erkenntnissen führen wird, um in neuen therapeutischen Ansätzen diesen Teufelskreis, der die Adipositas zu einer so komplexen Erkrankung macht, zu durchbrechen.

Aus medizinischer Sicht ergeben sich ebenfalls zahlreiche Konsequenzen: Die Verhinderung der abdominalen Fettleibigkeit ist von zentraler Wichtigkeit (z.B. über Ernährung, körperliche Aktivität, aber auch die „mentale“ Gesundheit spielt eine große Rolle). Die Messung des „Bauchumfangs“ ist diagnostisch viel relevanter als die Angabe des BMI. Letzterer kann sogar zu großen Missverständnissen und zu unkorrekten Aussagen führen, wie man es oft in der Presse lesen kann.

Fünf Portionen Obst und Gemüse – wie groß ist der Schutz vor Krebs?

Mai 4th, 2010 by

Wer täglich fünf Obst- und Gemüsemahlzeiten zu sich nimmt, senkt sein Risiko, an Krebs zu erkranken, lautet eine im Jahr 1990 von der Weltgesundheitsorganisation WHO herausgegebene Empfehlung und auch das US-National Cancer Institute betrachtete diese Forderung als eine der wichtigsten Maßnahmen, um Krebs zu vermeiden. Seitdem wurde mit vielen Untersuchungen versucht den endgültigen Beweis anzutreten, doch eine Bestätigung der These steht immer noch aus.

Die Frage einer krebspräventiven Ernährungsweise versucht man mit einer prospektiven Kohortenstudie, der EPIC-Studie (European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition) zu beantworten. Beteiligt sind rund 520.000 Personen mit signifikanten Unterschieden der Ernährung und Lebensweise. Die meisten Teilnehmer der Studie sind Männer zwischen 40 und 65 Jahren und Frauen zwischen 35 und 65 Jahren.

Eine Auswertung der EPIC-Studie im Journal of the National Cancer Institute (JNCI 2010; doi: 10.1093/jnci/djq072) erbrachte nun Belege für die protektive Krebswirkung von viel Obst und Gemüse, wenn diese auch weit hinter den allgemein verbreiteten Erwartungen zurückblieb.

Im Rahmen der EPIC-Studie untersuchten die Wissenschaftler von 1992 bis 2000 insgesamt 142.605 Männer und 335.873 Frauen. Im Laufe der mehr als achtjährigen Nachbeobachtungszeit erkrankten 30.000 Teilnehmer an Krebs. Der Verzehr von Obst und Gemüse senkte dabei das Krebsrisiko lediglich um 3 Prozent (Hazard Ratio 0,97), infolge der großen Teilnehmerzahl der Studie war diese Assoziation mit einem 95-Prozent Konfidenzintervall von 0,96 bis 0,99 allerdings signifikant. Dennoch schätzten die Autoren den statistischen Unterschied als gering ein, denn möglicherweise beruht dieses Ergebnis nicht auf der Ernährung alleine, sondern auf weiteren Effekten eines gesunden Lebensstils. Menschen, die viel Obst und Gemüse essen, treiben meist auch mehr Sport, rauchen und trinken weniger, so Professor Bofetta, so dass ihr Krebsrisiko auch aus diesen Gründen niedriger ausfallen kann. Möglicherweise profitieren von der krebspräventiven Wirkung von Obst und Gemüse bestimmte Bevölkerungsgruppen, wie Menschen mit einem starken Alkoholkonsum oder Raucher. Allerdings sollte besser der Alkoholkonsum bzw. das Rauchen eingestellt werden. Möglicherweise wird auch das Risiko seltener Krebsarten gesenkt, da das Ergebnis dieser Untersuchung von den häufigen Krebsformen wie etwa Darm- oder Brustkrebs bestimmt wird. Auch die Hoffnungen beim Prostatakarzinom sind noch nicht endgültig begraben. Um diese Fragen abschließend beurteilen zu können, fehlen allerdings auch die Belege.

Trotz dieser Studienergebnisse hat die Empfehlung, „täglich fünf Portionen Obst und Gemüse“ zu verzehren, weiterhin ihre Gültigkeit wie in einem Leitartikel der renommierten Zeitschrift Lancet (Volume 375, Issue 9723, Page 1320, 17 April 2010) propagiert wird.

Es werden vier Gründe angeführt.
1. können Obst und Gemüse auch gegen Herzerkrankungen und Schlaganfall schützen.
2. obwohl die Ergebnisse eine geringere Schutzwirkung vor Krebserkrankungen insgesamt zeigen, ergibt sich dennoch ein starker Schutz vor spezifischen Krebserkrankungen wie Mund-, Speiseröhren-, Darm- und Lungenkrebs.
3. helfen Obst und Gemüse dabei, ein gesundes Körpergewicht zu halten und Adipositas abzuhalten, und
4. der hohe Faseranteil dieser Ernährung kann vor Darmkrebs schützen.

In einem Interview mit der Wochenzeitung Die Zeit ergänzt Professor Joost, Potsdam-Rehbrücke, dass unser Leben ohne leckere Früchte und Gemüse wesentlich ärmer wäre.

Blutzucker: zu hoch und zu niedrig ist riskant

Mai 4th, 2010 by

Für jeden Diabetiker bedeutet eine drohende Unterzuckerung ein Alarm, denn wenn er sie zu spät bemerkt und nicht rasch Traubenzucker zu sich nimmt, kann dieser Zustand lebensbedrohlich werden. Wenn im Gehirn nicht genügend Zucker (Glukose) ankommt, kommt es zu Verwirrtheitszuständen, Schwindelattacken oder einem hypoglykämischen Schock mit Bewusstseinsverlust.
Gefährlich wird diese Situation für Autofahrer, wenn im Beruf an Maschinen gearbeitet wird oder wenn im Haushalt für Fensterreinigung oder Staubwischen eine Leiter benutzt wird.

Schwindel und Bewusstseinsstörungen bei unterzuckerten (hypoglykämischen) Diabetikern führen sehr häufig zu Unfällen. Damit verbunden ist ein hohes Verletzungsrisiko und z.B. bei Autofahrten besteht Lebensgefahr.

Die Unterzuckerung gehört bei den meisten Diabetikern zu den schwerwiegendsten Nebenwirkungen der Diabetestherapie. Jeder Diabetiker, der zwar seine Blutzuckerwerte möglichst nah an die Normalwerte senken sollte, kennt das damit verbundene Risiko, dass der Zucker zu stark absinken und er das Bewusstsein verlieren kann. Einerseits kann dies auftreten, wenn die Insulindosis falsch gewählt wurde, oder wenn zu wenig gegessen oder eine Mahlzeit komplett vergessen wurde bei bereits injizierter Insulindosis. Auch wenn ein Diabetiker ungewöhnliche körperliche Belastungen hat, beispielsweise bei extremer Muskelarbeit (Sport) oder fieberhaften Erkrankungen, wird mehr Glukose verbraucht und die injizierte Insulindosis kann zur Hypoglykämie führen.

Sowohl der Diabetiker als auch sein behandelnder Arzt fürchten das Auftreten einer Hypoglykämie aufgrund des Verletzungsrisikos oder des plötzlich auftretenden Bewusstseinsverlust und der damit verbundenen Hilflosigkeit.

Führt aber die Angst vor der Hypoglykämie zu einer Reduzierung der Insulindosis, wird die Blutglukose meist nicht ausreichend abgesenkt, und die Hyperglykämie (zu hohe Blutzuckerwerte) verursacht ihrerseits langfristig Schäden an den Gefäßen. Als Folge stellen sich Herz-Kreislauf-Erkrankungen ein oder es tritt sogar ein Schlaganfall auf.

Um die Qualität der Blutzuckereinstellung zu bestimmen, wird vom Arzt der HbA1c-Wert gemessen. Dieser steigt über 7 Prozent, wenn die Blutzuckerwerte schlecht eingestellt sind.

Diesem Dilemma kann man entgehen, wenn moderne langwirksame Insulinanaloga zur Therapie eingesetzt werden. Sie werden einmal täglich verabreicht und halten den Blutzuckerspiegel über 24 Stunden im Normbereich, so dass Unterzuckerungen seltener zu befürchten sind. Steigt der Blutzuckerwert nach dem Essen trotzdem noch über den Normalwert an, kann Mahlzeiten abhängig noch ein kurzwirksames Insulinanalogon verabreicht werden.

Ältere Insulinprodukte wie NPH-Insulin fluten nach der Injektion rasch an und erreichen eine hohe Spitze im Blutzuckerprofil, die sich im Laufe des Tages abbaut, bis in vielen Fällen die Insulindosis zu gering ist. Mit diesen Schwankungen der Insulinkonzentration steigt das Risiko für eine Unterzuckerung extrem an. Es kommt zu Zittern, Schweißausbrüchen, Herzklopfen und Heißhunger, und diese Symptome sollten den Diabetiker direkt veranlassen Traubenzucker oder zuckerhaltiges Getränk zu sich zu nehmen, um einen Bewusstseinsverlust zu vermeiden. Dieser kündigt sich an, wenn der Glukosemangel im Gehirn zu stark absinkt. Dann treten Konzentrationsstörungen, allgemeine Verlangsamung, Gereiztheit oder Aggressivität und Schwindel auf. Schwere Unterzuckerungen erfordern die direkte ärztliche Intervention, der die Glukose dann intravenös verabreicht. Nicht selten werden die Betroffenen in die Klinik eingewiesen, in der dann entweder die Dosierung der antidiabetischen Medikamente neu eingestellt oder auf ein lang wirkendes Insulinanalogon umgestellt wird.

Gefährlich sind auch die während des Schlafs auftretenden nächtlichen Hypoglykämien, die der Diabetiker häufig verschläft. Es wurde nämlich in großen Studien herausgefunden, dass Diabetiker mit häufigen Unterzuckerungen nicht nur vermehrt an Herz-Kreislauf-Komplikationen leiden, sondern dass sie auch häufiger eine Demenz entwickeln.